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11. Trotzphase – Autonomiephase

Trotzphase - Kleinkindberatung

Im Alter von ca. 9 Monaten nach dem 2. großen biosozialen Reifungsschub passiert etwas ganz Neues. Das Kind gewinnt neben den sich stetig entwickelnden motorischen Fähigkeiten auch die Erkenntnis darüber, dass bestimmte Menschen oder Situationen sich plötzlich fremd anfühlen. Dann wird das Bindungssystem aktiviert und Mama oder Papa werden herbei gerufen, um bei der Einordnung des „komischen“ Gefühls zu helfen. Das Fremdeln und die Trennungsangst hat die Natur dem gesteigerten Entdeckungsdrang unserer „Krabbler“ entgegen gesetzt, damit sie nicht verloren gehen auf dieser Welt. Dann wird das Kind älter und mit fortschreitender Entwicklung kommen langsam auch noch ganz andere Aspekte ins Spiel, nämlich der sich entwickelnde eigene Wille. Das Baby, das sich gestern noch auf der Wickelablage leicht ablenken und wickeln ließ, lässt heute keinen Zweifel mehr an seinem Bewegungsdrang und seinen neuen eigenen Ideen. Mit diesen Ideen kommen plötzlich ganz neue eigene Emotionen ins Spiel und diese müssen einerseits vom Kind erst erfahren, eingeordnet und der Umgang damit gelernt werden. Und zwar mit Hilfe der „Großen“, im alltäglichen Umgang – jeden Tag auf´s Neue. Spätestens im 2. Lebensjahr ist allen Eltern klar: wir haben es mit der Trotzphase zu tun!

Was ist die Trotzphase?
Die Trotzphase ist für die Persönlichkeitsentfaltung, für die emotionale Entwicklung und für die Ausbildung des Ichs sehr wichtig. Das sollten Eltern wissen, dann fällt es Ihnen leichter in dieser Autonomiephase ganz bewusst ihr Kind zu begleiten, angemessener darauf zu reagieren und einen guten Weg zu finden.

Für Eltern ist es: von nervig, über anstrengend bis peinlich… aber für die Kinder ist es immens wichtig für ihr späteres soziales Miteinander. Die Kinder lernen etwas über ihre neuen Gefühle: wie Wut, Zorn, Freude, Stolz, und den Umgang mit Stress und Frustration. Im Übrigen damit tut sich der ein oder andere Erwachsene noch schwer, mit dem Umgang heftiger Gefühle.
Häufig sind Trotzreaktionen auch einfach Ausdruck von nicht geglückter Kommunikation auf beiden Seiten. Das Kind kann seine Ideen noch nicht formulieren und manch ein Erwachsener versteht nicht, dass ein Kind die selbstverständlichen Abläufe der Erwachsenenwelt noch nicht durchschaut. So durchkreuzen sich verschiedene Absichten und Frustration und „Fehlkommunikation“ muss ausgehalten werden.

Hintergrund:
Mit dem Bewusstwerden des eigenen Ichs entwickeln die Kinder eigene Vorstellungen und Pläne, die sie hochmotiviert und voller Stolz umsetzen wollen. Leider scheitern sie am Können, der fehlenden Sprache oder die Eltern machen ihnen einen Strich durch die Rechnung.
Beispiel: „nein du kannst nicht die kurze Hose anziehen draußen schneit es…“
„nein die Blumenerde bleibt im Topf „
„nein du darfst den Lippenstift nicht zum malen haben…  „

Die Kinder lernen auch, dass sie mit ihrem Verhalten Einfluss nehmen können auf Ihre Umwelt. Wenn ihnen also eine Verweigerungshaltung plötzlich wesentlich mehr Aufmerksamkeit beschert, als das schlichte Funktionieren, wird plötzlich klar, warum Kinder so einen Gefallen am elterlichen Boykott gewinnen.

Kinder in diesem Alter können ihre Gefühle noch nicht kontrollieren und sie werden überrollt von ihren inneren Zuständen, der Zorn überwältigt sie, die Sicherung brennt durch und der Trotzanfall ist da- mit aller Macht.

Was kann man im Trotzanfall tun?
1. Zuerst sich klar werden wer groß und wer klein ist – und dann als Erwachsener Klarheit ausstrahlen…

2. Cool bleiben, keine große Sache draus machen, Ruhe bewahren und sich selber kontrollieren.

3. Sich nicht emotional verstricken lassen und es nicht persönlich nehmen

4. ein gutes Beispiel geben – „was soll das Kind von mir lernen“?

5. Wichtig ist es die kindlichen Gefühle zu benennen, denn das Kind muss das Gefühl erst kennen lernen, um es einzusortieren.

6. Verständnis dafür zeigen, Geduld haben, die Situation mit aushalten oder Alternativen zeigen

7. Je nach Situation: Ablenken oder aus der Situation nehmen

8. Brücken bauen, einen Kompromiss finden und nicht nachtragend sein.

9. Handlungsschema als Problemlösung aufzeigen

10.Exitstrategie: Kuscheltier, Schnuller zur Selbstberuhigung anbieten

Wie kann man Trotzverhalten vermeiden?
1. Abläufe im Alltag kindgemäß vorstrukturieren (wir essen fertig – dann ziehen wir die Schuhe an)
2. und Herausforderungen mehrfach ankündigen (kaputte Schallplatte)(du spielst jetzt fertig, dann gehen wir nach Hause)
3. Frühzeitig Führung übernehmen und einen guten Plan haben, der auch die kindlichen Bedürfnisse berücksichtigt
4. Weniger Fragen! Die Sehnsucht nach kindlicher Zustimmung lässt Eltern häufig Fragen stellen, welche in der Regel überfordern und nicht sicherheitsspendend vom Kind erlebt werden.
5. Wer Unsinn macht braucht Sinn. Frühzeitig kleine Aufträge erteilen und zur Mitarbeit gewinnen, bevor Langeweile sich breit macht und die Kinder „verhaltensorginell“ werden.
6. Hunger-Müde-Durst-Krisen vermeiden, bzw. dann keine Ansprüche mehr stellen.
7. Routinen und verlässliche Regeln geben Halt und zB Abendroutine, Einschlafroutine

Wenn Eltern ihren Frieden schließen mit dieser Trotzphase und es als Chance begreifen, ihrem Kind in der Persönlichkeitsentfaltung zu helfen, können Kinder und Eltern von dieser Haltung sehr profitieren.
„Im Kreis der Sicherheit“ von Bert Powell et al, formuliert das Kind dazu seinen Wunsch an seine Eltern:

„Denke immer daran: Durch die Art wie du mich behandelst lerne ich etwas über mich.
Daher lehre mich, indem du immer größer weiser und gütig bist.“

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